Aktuelle Rechtsprechung
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Die Sachverhaltszusammenfassungen sowie Urteilsanmerkungen geben unsere Auffassung wieder und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Da jedem Urteil ein bestimmter Sachverhalt zugrunde liegt sind Verallgemeinerungen regelmäßig nicht möglich und ersetzen keinesfalls die individuelle Prüfung eines jeden Sachverhaltes.
BGH 3 StR 210/11 , 16.07.15 - 13:20 Uhr
Beweisverwertungsverbot bei grober Verkennung des Richtervorbehaltes im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung
1. Zwar darf bei Durchsuchung einer Wohnung Gefahr im Verzug angenommen werden, falls die vorherige Einholung der richterlichen Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährdet. Es steht aber nicht im Belieben der Strafverfolgungsbehörden, wann sie eine Antragstellung in Betracht ziehen; sie dürfen nicht so lange mit dem Antrag an den Ermittlungsrichter warten, bis die Gefahr eines Beweismittelverlustes tatsächlich eingetreten ist, und damit die von Verfassungs wegen vorgesehene Regelzuständigkeit des Richter unterlaufen. Für die Frage, ob die Ermittlungsbehörden eine richterliche Entscheidung rechtzeitig erreichen können, kommt es auf den Zeitpunkt an, zu dem die Staatsanwaltschaft oder ihre Hilfsbeamten die Durchsuchung für erforderlich halten.
2. Ergeben sich gegen Mittag auf Grund der Telekommunikationsüberwachung des Verdächtigen Anhaltspunkte dafür, dass dieser mit seiner Freundin zur Beschaffung von Betäubungsmitteln in die Niederlande fahren werde, und halten sich deshalb seit dem frühen Abend Polizeibeamte für eine spätere Wohnungsdurchsuchung bereit und observieren den Täter vor seiner bei der Wiedereinreise erfolgten vorläufigen Festnahme, so kann eine erst am späten Abend erlassene Durchsuchungsanordnung der Staatsanwaltschaft (unabhängig von jeder fehlenden Dokumentation) nicht mehr auf Gefahr im Verzug gestützt werden. Das Fehlen einer richterlichen Anordnung der Durchsuchung der Wohnung des Verdächtigen und seiner Freundin führt in einem solchen Fall wegen grober Verkennung des Richtervorbehalts hinsichtlich der bei der Durchsuchung gewonnenen Beweismittel zu einem Beweisverwertungsverbot.
BGH 1 StR 306/13 , 16.07.15 - 13:18 Uhr
Anforderung an die Unverwertbarkeit einer Handy-Videoaufnahme
Rügt der Angeklagte in der Revision einen Verstoß gegen § 252 StPO im Hinblick auf die Verwertung einer Handy-Videoaufnahme seiner zeugnisverweigerungsberechtigten Tochter, so muss er vortragen, unter welchen Umständen die Handy-Videoaufnahme in den Besitz der Strafverfolgungsbehörden gelangt ist, damit sich das Beweisverwertungsverbot auch auf die Handy-Videoaufnahme erstreckt.
BGH 1StR 137/12 , 16.07.15 - 12:36 Uhr
Unverwertbarkeit übergebener Tonbandaufzeichnung
Macht ein Zeuge erst in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, erstreckt sich das Verwertungsverbot des �§ 252 StPO auch auf eine Tonbandaufzeichnung, die der Zeuge bei seiner polizeilichen Vernehmung übergeben und auf die er sich bezogen hat, da das übergebene Tonband Teil der Vernehmung ist, auf die sich das Verwertungsverbot bezieht. Eine Verwertbarkeit der Tonbandaufnahme ergibt sich auch nicht daraus, dass diese spontan, aus eigener Initiative des Zeugen und ohne gezielte Nachfrage der Ermittlungsbeamten entstanden ist.
BGH, AZ: XII ZR 189/06 , 03.02.2010
Zuwendungen von Schwiegereltern können zurückgefordert werden
Der BGH hat seine vormalige Rechtsprechung aufgegeben.Zuwendungen von Schwiegereltern an Schwiegerkinder konnten nur ausnahmsweise nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückgefordert werden, wenn das Ergebnis des Zugewinnausgleichs in Anbetracht der Zuwendung als unangemessen oder unzumutbar erschien.
Nunmehr werden derartige Zuwendungen als Schenkungen qualifiziert und unterliegen nach Anwendung der vorstehenden Grundsätze ggfs. auch Bereicherungsrecht grundsätzlich der Rückforderung. Dies wenn sich mit der Schenkung die Erwartung verbindet, diese werde auf Dauer der Ehegemeinschaft dienen und dem eigenen Kind zugutekommen durch das Scheitern der Ehe nicht erfüllt. Die Höhe des Rückforderungsanspruches selbst hat sich am Einzelfall (Dauer der Ehe, wie weit hat das eigene Kind von der Schenkung profitiert) zu orientieren.
BGH, AZ: XII ZR 138/08 , 02.06.2010
Ehegattenunterhalt, Abfindungen bleiben unberücksichtigt, wenn Einkommen in unverminderter Höhe bezogen wird
Abfindungen bleiben bei der Bedarfsberechnung dann unberücksichtigt, wenn mit der Abfindungszahlung keine Einkommenseinbuße verbunden ist, das Einkommen also konstant bleibt. Sofern nach Rechtskraft der Ehescheidung eine Abfindung gezahlt wird, handelt es sich um eine nacheheliche Einkommensverbesserung, die auf einer vom Normalverlauf abweichenden Entwicklung beruht und daher ebenfalls nicht zu berücksichtigen ist. Dies soll auch dann gelten, wenn mit der Abfindung Verbindlichkeiten getilgt werden, welche bei der Bedarfsberechnung einkommensmindernd berücksichtigt wurden.
OLG Düsseldorf, AZ: 8 UF 14/10 , 07.07.2010
Ehegattenunterhalt, Verwirkung bei Verschweigen von Einkünften
Ein Verwirkungstatbestand liegt auch dann vor, wenn verhältnismäßig geringe Einkünfte verschwiegen worden sind, der Unterhaltsverpflichtete jedoch entsprechende Auskunft verlangt hat.
OLG Dresden, AZ: 24 UF 800/09 , 25.06.2010
vor dem Stichtag entstandene Steuererstattungsansprüche sind im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen
Vor dem maßgeblichen Stichtag entstandene Steuernachzahlungs-/Steuererstattungsansprüche unterliegen dem Zugewinnausgleich, sofern diese nach dem maßgeblichen Stichtag zur Zahlung/Auszahlung gelangen. Es handelt sich anders als bei Abfindungen nicht um ein vorweggenommenes Einkommen für einen zukünftigen Zeitraum, welche daher lt. BGH dem Unterhaltsrecht unterliegen. Es handelt sich vielmehr um „Erspartes“ (Steuererstattungen) und stand für unterhaltsrechtliche Fragen nicht zur Verfügung.
BGH, AZ: XII ZB 35/10 , 16.06.2010
Ãœbertragung alleiniges Sorgerecht auf bis dato nicht berechtigten Elternteil
Der Vater des Kindes kann bei Sorgerechtsentzug der bis dato allein sorgeberechtigten Mutter die Ãœbertragung des Sorgerechtes auf sich allein beantragen.
OLG Bremen, AZ: 4 UF 106/09 , 01.02.2010
Ehegattenunterhalt, Verspätung Verwirkungseinwand
Zahlt der Unterhaltsverpflichtete trotz Kenntnis vom Vorliegen eines Verwirkungsgrundes über einen längeren Zeitraum weiter Unterhalt, kann er mit dem Einwand der Verwirkung ausgeschlossen sein, da eine Inanspruchnahme dann nicht mehr unbillig erscheint.
OLG Brandenburg, AZ: 12 U 250/06 ,07.06.2007
Opfer körperlicher Gewalt dürfen sich wehren, ohne den Anspruch auf Schmerzensgeld zu verlieren Ehegattenunterhalt, Verwirkung bei Verschweigen von Einkünften
Kommt es in Folge einer Notwehrhandlung zu einer körperlichen Auseinandersetzung, so schließt eine solche Notwehrhandlung den Anspruch auf Schmerzensgeld nicht aus.
Zwei Männer gerieten bei einer Feierlichkeit aus banalem Anlass in Streit, woraufhin der spätere Beklagte dem Kläger ohne Vorwarnung mit der Faust in das Gesicht schlug. Das Der Kläger begann daraufhin eine Rangelei mit dem Beklagten. Dabei trug er eine schwere Wirbelsäulenverletzung davon. Das Gericht sprach dem Kläger 24.000 Euro Schmerzensgeld zu. Der Beklagte, so dass OLG Brandenburg, habe eine vorsätzliche Körperverletzung begangen. Die Behauptung des Schlägers, die Rangelei sei nicht von ihm ausgegangen, denn das Opfer habe ihn zunächst provoziert, lies das Gericht nicht gelten. Die Rangelei im Anschluss an den unvermittelten Schlag sei vom Notwehrrecht gedeckt und schließe einen Schmerzensgeldanspruch nicht aus.